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Il Convento – Paradiesgarten der Zitronen

Auf der Halbinsel Sorrent nahe Neapel lebt die Familie Pollio seit 1935 in einem ehemaligen Franziskanerkloster. Das Besondere ist nicht nur die Wohnung in der ehemaligen Sakristei der Kirche, sondern der alte, ein Hektar große, Zitronengarten hinter dem Kloster - eine Limonaia, wie sie im Italienischen genannt wird.

Steckbrief

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Sorrent

Pollios sind eine Bauernfamilie wie viele in dieser Region. Erst brachten sie den verwilderten Garten wieder in einen guten Zustand und pflanzten Bäume nach. Ursprünglich verkauften sie nur die Früchte. Aber 1995 kam Giuseppe Pollio, ihr Enkel, auf die Idee, selbst Limoncello herzustellen. Nach dem Rezept einer Tante wurden 70 Flaschen gefüllt und als Versuchsballon auf einer kleinen Messe angeboten. Sie waren am ersten Tag verkauft. 

Die Zitronensorte Ovale di Sorrento IGP ist eine Spezialität mit gastronomisch hervorragenden Eigenschaften. Ihr Geschmack ist besonders harmonisch, da das Verhältnis zwischen Säure und Süße ausgewogen ist. Außerdem ist sie sehr saftig. Die Schale ist reich an ätherischen Ölen, was für die Qualität des Limoncellos das Wichtigste ist. 

Der Wohnort der Pollios, Massa Lubrense, liegt am Meer. Das Klima dort ist vorwiegend mild. Die Bäume wachsen auf vulkanischem Boden und die Früchte werden vor zu viel Sonne, Regen und Wind durch das Pergola-System geschützt. Dabei hängen sie im Schatten unter dem Blätterdach. So entstanden nahezu paradiesisch anmutende grüne Kreuzgänge unter den Pergolen. 

Hinter dem Kloster ist noch fast alles Handarbeit. Die unbehandelten Früchte werden per Hand geerntet. Eine selbst konstruierte, altmodische Maschine schält vorsichtig die Schalen von den Zitronen, die dann eingelegt werden und mazerieren. Das Ergebnis ist ein goldgelber, natürlicher Likör mit einem wunderbar fruchtigen Geschmack. Mit Sahne verfeinert, wird er zum cremigen Zitronenlikör. Dieser wird außerdem, von einem Chocolatier mit Schokolade umhüllt, zur köstlichen Limoncello Pralinenfülung.

Um Süßes zu verfeinern ist Limoncello mit seiner feinen Säure und der Zitrusnote ein Allrounder. Pollios arbeiten auch mit einem Patisier zusammen, der ihnen Babà backt, kleine poröse Dessertkuchen, die in Limoncello getränkt und mit Sahne und frischen Früchten großartig schmecken.

Giuseppe Pollio ist leidenschaftlicher Zitrusbauer und hat mit seiner Frau inzwischen außerdem ein Agriturismo im Kloster eingerichtet. Wir haben ihn dort getroffen und interviewt. 

Seit wann baut deine Familie Zitronen an, und seit wann stellt ihr Limoncello her? 

Meine Großeltern sind 1935 in das einstige Franziskanerkloster gezogen. Unsere Wohnung ist die ehemalige Sakristei der dazugehörigen Kirche, die immer noch als Gotteshaus genutzt wird. Die Gebäude und der Zitronenhain waren in schlechtem Zustand, der Garten verwildert. Wir haben viel restauriert und teils neue Bäume gepflanzt. 1995 kam ich auf die Idee, Limoncello herzustellen. Die Konkurrenz auf dem Zitronenmarkt war zu groß geworden, sodass wir neue Wege gehen mussten. Wir produzierten 70 Flaschen, die wir auf einer Sagra, einer Bauernmesse, als Test anbieten wollten. Schon am ersten Tag waren alle Flaschen verkauft. Das Rezept stammt ursprünglich von einer Tante. 

 

Wie wurdest du Zitronenbauer? 

Ich komme aus einer Bauernfamilie, die ihr Land liebt und ihre Arbeit. Als kleiner Junge half ich schon immer mit. Wir lebten damals fast autark und produzierten alles selbst, vom Olivenöl bis zum Käse. In der Schule habe ich Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt, und dann habe ich nur noch in der Landwirtschaft gearbeitet. Ich bin dem allen sehr verbunden. Heute sind andere Arbeiten dazugekommen wie die Likörproduktion und auch ein Agriturismo. Wir haben das Glück, dass wir in einer bei Touristen sehr gut besuchten Region leben. Sie mögen unsere Spezialitäten, und wir können davon leben. 

Welche Zitronensorte baut ihr an und welche Eigenschaften besitzt sie? 

Es ist die Ovale di Sorrento IGP, die hier in Sorrent verbreitet ist. Ihre Form ist oval und ihre Schale unregelmäßig. Das Besondere sind ihr Duft und ihr Geschmack. Außerdem ist sie sehr saftig. Das Verhältnis zwischen Süße und Säure ist bei ihr besonders ausgewogen. Die Schale ist reich an ätherischen Ölen, was für die Herstellung des Limoncello das Wichtigste ist. Es ist eine ganz außergewöhnliche Zitrone, die sich von der Amalfi-Zitrone unterscheidet. Die ist milder im Geschmack. 

Wie baut ihr die Zitronen an und wie behandelt ihr sie?  

Um die Früchte vor niedrigen Temperaturen, zuviel Sonne, starkem Regen und Wind zu schützen, bauen wir sie in Pergolaform an, il Pergolato Sorrentino. Die Früchte hängen über Gestängen aus Kastanienholz und werden von oben mit Schilf belegt und teils mit Netzen. So wandelt man unter Zitronendächern und nicht zwischen Bäumen umher. Behandeln tun wir sie kaum. Bei Schädlingsbefall greifen wir zu Mineralölspritzungen, bei Pilzbefall verwenden wir ein Kupferfungizid. 

 

Die Erde auf der sie wachsen ist vulkanischen Ursprungs, deshalb ist sie besonders fruchtbar und das wirkt sich sicher auch auf den Geschmack aus. Wir ernten vier bis fünf Mal im Jahr, von Anfang Februar bis Oktober. Ehrlich gesagt, wenn ich die ersten Früchte im Jahr pflücke, tut es mir etwas leid. Sie sehen so schön aus. 

Überall im Zitronenhain sind Bilder des Heiligen Franziskus, habt ihr eine besondere Beziehung zu ihm? 

Er ist der Patron unserer Kirche. Meine Familie ist sehr gläubig. So hat mein Großvater seine Früchte segnen lassen und mein Vater hat die schönsten Exemplare der ersten Ernte dem Priester, der hier im Kloster wohnte, gebracht. 

Was stellt ihr neben dem Limoncello außerdem aus den Zitronen her? 

Wir verkaufen beispielsweise puren Zitronensaft an die Gastronomie und Schalen an Pasticcerien und Chocolatiers. Die kandieren sie und verwenden sie für ihre Spezialitäten. In Zukunft wollen wir selbst ein Sorbet herstellen, ein Sorbetto al Limone, das wir in Zitronenhälften füllen. Und natürlich bieten wir Babà in Limoncello an, ein beliebtes regionales Dessert in den Restaurants. Die backt ein Bäcker für uns mit bester Butter, und wir legen sie in einen Limoncellosirup ein. Ein Tipp: Die Babà nicht direkt aus dem Glas essen, sondern eine Weile auf den Teller legen und auch etwas abtupfen. Dann schmeckt sie nicht mehr so alkoholisch. 

  

Wie sieht die Zukunft des Familienbetriebs aus, du hast vier Söhne? 

Das ist nicht leicht zu beantworten. Der Älteste ist 24 Jahre alt und der Jüngste 14. Sie wissen, wieviel Arbeit die Landwirtschaft bedeutet und dass man damit nicht reich wird. Der Älteste will es auf keinen Fall übernehmen. Aber sie hören sich die Geschichten an, kennen die Traditionen, und ich versuche ihnen die Schönheiten zu vermitteln. Wir werden sehen, es sind intelligente Jungs. Ich lasse sie entscheiden, ohne Druck.